Katarzyna Rogacka-Michels (KRM): Herr Gantenberg, im Bereich Planung, Personal & Technik, wo Sie tätig sind, sorgen Sie für Fachkräfte. Wie begann die Zusammenarbeit, damals noch mit dem Vorläuferprojekt „IQ Hamburg – Anpassungsqualifizierungen in Handel & Dienstleistungen“?
Michael Gantenberg (MG): Ich erinnere, dass wir uns klassisch auf der Messe Marktplatz der Begegnungen kennengelernt haben. Der Kontakt hat sich aufgebaut, weil wir uns, glaube ich, vierteljährlich auf der Messe getroffen haben. Wir sind darin übereingekommen, dass wir die gleichen Interessen haben, Fachkräfte zu gewinnen und langfristig zu binden.
KRM: Horst Busch Elektro-Technik GmbH hat fünf Fachkräfte in eine Anpassungsqualifizierung aufgenommen und sie somit auf dem Weg in die volle Gleichwertigkeit des Berufes unterstützt. Alle fünf Personen wurden anschließend unbefristet angestellt. Zuerst als Helfer und dann als Fachkraft in den Berufen Elektroniker für Betriebstechnik, Elektroniker für Gebäude- und Infrastruktursysteme und Industrieelek-triker Fachrichtung Betriebstechnik. Was hat Sie zu diesen Entscheidungen und generell zu einer solchen Personalpolitik bewegt?
MG: Wir haben uns, es ist schon sechs oder sieben Jahre her, zusammengesetzt und überlegt, was können wir tun, denn der Fachkräftemangel war schon da. Wir haben uns gesagt, wir bilden schon sehr stark aus, haben auch unsere Ausbildungszahlen erhöht. Wir haben eine weitere Säule gesucht und da war eben ein Thema auch Umschulung, Fachkräfte als Helfer, die eine Teilanerkennung haben. Wir haben entschieden, die neuen Mitarbeiter mit Teilanerkennung zu unterstützen und zu testen. Damit haben wir sehr gute Erfahrungen gemacht. Mittlerweile gewinnen wir daraus im Jahr doch so um die 20 Personen insgesamt - ob es jetzt durch die Externen Prüfung, Umschulung oder über Ihre Maßnahme, die Teilanerkennung. Vor fünf, sechs Jahren hatten wir den Mut, das zu machen, das zu testen und es war der richtige Weg. Das war eine gemeinsame Entscheidung in der Geschäftsführung.
KRM: Wie verlief die Zusammenarbeit mit dem Projekt? Wobei wurden Sie oder die Mitarbeiter unterstützt?
MG: Ich würde sagen, bei allem Bürokratischen wurden wir unterstützt: Wenn der Bewerber Probleme mit der Ausländerbehörde hatte oder mit der Wohnsituation. Da wurden wir stark unterstützt, damit sich der Mitarbeiter wirklich auf das Fachliche konzentrieren kann. Damit er nicht denkt, was muss ich alles noch machen? Ich brauche eine Wohnung, ich muss aus dem einen Zimmer raus usw. In der Gesamtbetreuung wurden wir in dem unterstützt, was der Arbeitgeber nicht abdecken kann. Bei der Beantragung der Anerkennung ist die Unterstützung dazu da, wie wir die Lernziele schaffen, was fehlt noch, dass man auf beiden Seiten positiven Druck ausübt.
KRM: Auf der Unternehmenshomepage versichern Sie, „Seit mehr als 40 Jahren liefern wir zuverlässige Technik und kompetenten Service.“ Wie schätzen Sie die Kompetenzen und die Einsatzmöglichkeiten der neu eingewanderten Fachkräfte ein? Können diese das Versprechen in der Zukunft halten?
MG: Am Anfang sieht man schon die Unterschiede in der Kompetenzfeststellung, dass in anderen Ländern doch anders gearbeitet wird. Nur erkennen wir auch, dass der Einsatzwille, die Bereitschaft, was Neues zu lernen, deutlich größer ist, als das wir es zum Beispiel durch die Ausbildung kennen. Da sind einfach die Leidenschaft und der Wille, was Neues zu lernen, komplett da und dementsprechend ist es einfacher zusammenzuarbeiten. Die kleinen Defizite die man noch hat, sollen innerhalb von wenigen Monaten behoben werden, so dass alle auf dem gleichen Stand sind und wie in Deutschland üblich arbeiten können. Wir haben gute Erfahrung gemacht. Wenn wir mal eine Prozentzahl angeben wollen, so bei 80 Prozent läuft es tatsächlich richtig gut. Natürlich gibt es den einen oder anderen, wo es mehr Schwierigkeiten gibt und es vielleicht doch nicht der richtige Beruf ist. Aber die Mehrzahl ist wirklich positiv im Unternehmen angekommen.
KRM: Was sind Ihrer Meinung nach die größten Hürden, kompetentes und zuverlässiges Personal bzw. Fachkräfte zu finden?
MG: Wenn wir neue Fachkräfte von außerhalb der EU gewinnen, ist die Sprache die größte Hürde. Aber auch die sprachlichen Unterschiede z.B. beim B1 Niveau. Wir haben in der Firma gesagt, unter B1 stellen wir nicht ein. Aber B1 ist nicht gleich B1, sprich, wir sehen dann schon die Unterschiede auch im Schulniveau. Viele können deutlich sprechen, einige gar nicht. Haben aber beide das gleiche Zertifikat.
Dazu kommen die Lebensgewohnheiten, dass z.B. für uns in Deutschland die Pünktlichkeit einfach eine Tugend ist. Die anderen Kollegen sind auch pünktlich, aber es gibt dann eben auch Situationen, wo jemand einen Termin bei der Behörde hat und sagt das erst zwei Stunden vor dem Termin. Die Prioritäten werden da manchmal nicht richtig gesetzt. .Aber allgemein zurück noch mal zum Thema „Kompetentes und zuverlässiges Personal bzw. Fachkräfte zu finden. Ich glaube eher, dass das Handwerk eine andere Lobby bräuchte. Wir alle sehen: Durch das Handwerk wächst die Wirtschaft. Wir sehen auch von außen, dass Mitarbeiter kommen und sagen, sie haben ganz viele Wünsche, finanziell gibt es dann aber Grenzen. Im Handwerk sowieso und da zeigen sich Hürden, dass das Handwerk nicht so attraktiv ist, wie andere Branchen.
KRM: Die Teilnehmer, die über das Projekt zu Ihnen gekommen sind, kommen aus dem Bereich der IHK FOSA Berufe. Ist die Einstellung ähnlich?
MG: Ja, es gibt Industrieelektroniker oder Elektroniker für Betriebstechnik. Die denken sich, dann gehe ich zum Beispiel zum Standort Airbus. Die Verdienstmöglichkeit ist dort wahrscheinlich größer, als wenn man zum Handwerker geht. Wir sind von der Struktur her mit 250 Mitar-beitern schon größer im Handwerk aufgestellt, als 10 Mann-Betriebe. Die haben es noch schwieriger, gutes Personal zu finden. Dann aber auch noch jemanden zu finden, wo sie investieren müssen, auch in die Sprache, die Geduld, die Defizite abzuarbeiten, das kostet alles Geld. Und dann, wenn der Mitarbeiter Anspruch hat, sagen wir, den Mercedes-Lohn zu haben, dann wird es schwierig.
KRM: Was würden Sie anderen Unternehmen, die unter Fachkräftemangel leiden und die zugewanderten Fachkräfte nicht im Blick haben, empfehlen? Muss man ihren Fähigkeiten gegenüber misstrauisch sein oder Berührungsängste haben?
MG: Ich würde sie in erster Linie keinem empfehlen, so bleiben mehr für uns. Nein, Spaß. Deutsche sind oftmals so: Alles, was neu ist, ist nicht gut. So neu ist das alles mittlerweile ja gar nicht mehr. Misstrauisch muss man nicht sein. Man muss einfach den Mut haben, das auszuprobieren. Und man findet dann wirklich loyale Mitarbeiter, die nicht nach links und rechts gucken, die sich langfristig im Unternehmen integrieren wollen.