Gründer Boris Mydlarz

Jungunternehmer mit einer ausgefallenen Geschäftsidee: Boris Mydlarz erfüllt sich mit dem Schritt in die Selbstständigkeit seinen langgehegten Traum

Boris Mydlarz steht vor Regalen in seinem Ladengschäft.

Unternehmer Boris Mydlarz inmitten seines Lebensmittelsortiments aus osteuropäischen Ländern.                                                                                     Foto: ASM

Inmitten der Corona-Pandemie öffnet am        7.  Januar 2021 im Osten von Hamburg, im Stadtteil Hamm, ein Lebensmittelgeschäft mit einem ungewöhnlichen Konzept: In der „Ostkiste“ gibt es überwiegend Lebensmittel aus biologischer Erzeugung oder zumindest ohne Konservierungsstoffe oder Gluten. Die Waren stammen ausschließlich aus Polen und weiteren osteuropäischen Ländern. Nur ein kleiner Teil des Angebots, das auch Naturkosmetik umfasst, stammt aus konventioneller Produktion. „Die Idee zu dem Sortiment kommt von meiner Frau Ewelina“, erzählt Boris Mydlarz. Der 1979 in Schlesien geborene Unternehmer war am Anfang erst einmal skeptisch. „Ich dachte, unsere potentiellen Kunden würden vor allem darauf achten, dass die Waren billig sind und schmecken“, so der Familienvater. Schließlich ließ er sich von seiner Frau überzeugen. Bevor die erste Ware geordert wurde, machte das Paar jedoch zunächst über mehrere Wochen am Standort eine Umfrage zu der Kaufbereitschaft der potentiellen Kunden.

Von der Gründungsberaterin der Arbeitsgemeinschaft selbstständiger Migranten e.V. (ASM), Katarzyna Rogacka-Michels, ließ er sich bei stundenlagen telefonischen Terminen coachen. Die Beraterin hatte er auf einem Gründerforum in der Handelskammer Hamburg kennen gelernt, wo sie das Angebot von ASM zur Gründungsunterstützung vorgestellt hatte. Eigentlich hatte Mydlarz, der in Polen einen Abschluss als Informatikingenieur gemacht hatte, schon in der zweiten Jahreshälfte 2020 eröffnen wollen. Doch das Einholen von notwendigen behördlichen Genehmigungen und vor allem die Suche nach einem Kreditinstitut, das das Vorhaben in der Wirtschaftskrise finanziert, stellten sich als langwieriger und schwieriger heraus als gedacht. Der Gründungswillige stellte nach der Beratung durch Rogacka-Michels seinen Business Plan um. Doch keines der vielen Kreditinstitute, mit denen er Kontakt aufnahm, wollte ihm einen Kredit gewähren. Schließlich sprangen Bruder und Mutter ein. Die verkaufte sogar eine Wohnung, damit ihr Sohn seinen lang gehegten Traum – sein eigener Chef zu sein – verwirklichen konnte.

Sehr langwierig gestaltete sich die Suche nach einem freien Ladengeschäft. Das lag nicht zuletzt auch daran, dass das Ehepaar sich anfangs bei der Suche ausschließlich auf den Stadtteil Barmbek konzentriert hatte. Vorteilhaft für die Ansiedlung des Geschäfts am jetzt gewählten Standort ist, dass Ende 2019 ein ganz in der Nähe angesiedelter polnischer Laden umgezogen ist. So war der Standort bereits bekannt in der polnischen Community. „Wir haben zwar zu circa 60 Prozent polnische Kunden, aber ansonsten kommt `die ganze Welt` zu uns, und auch viele Deutsche“, beschreibt Mydlarz den Kundenstamm.

Auf Wunsch des Kunden besorgt der leidenschaftliche Angler auch Produkte, die er nicht im Sortiment führt - und hat damit ein Alleinstellungsmerkmal gegenüber Supermärkten. „Da hat man wenig Auswahl in Bezug auf Produkte aus Osteuropa.“ Und, wenn es die gibt, würden sie immer Konservierungsstoffe, viele Zusatzstoffe und häufig auch Giftstoffe wie Glyphosat enthalten. So möchte sich weder der Lebensmittelhändler selbst ernähren, noch möchte er für seine Kinder eine derartige Ernährung. „Für die Gesundheit ist entscheidend, was man isst“, betont Mydlarz. Alle Produkte der „Ostkiste“ findet man auch im Online-Shop. „Der ist für mich aber vor allem Werbung. Dort kann man sehen, was es bei uns gibt. Die Leute wollen Lebensmittel sehen, fühlen und riechen.“ 

Mittwochmorgens bleibt die Ostkiste zu. Mydlarz kauft dann immer frische Ware ein. Eine Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter hat sich der Gründer nur zwei Monate geleistet. Das Verhältnis von Einnahmen und Ausgaben stimmte nicht. Die durch die Pandemie erlassenen Einschränkungen sind auch bei Mydlarz zu Buche geschlagen. Aber er sagt: „Wenn man etwas machen will und sich einhundert Prozent sicher ist, nimmt man das Risiko auf sich.“ Mit so einer Einstellung kann einen auch keine Pandemie stoppen.


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